Presse & Medien
Psychiaterin Dr. Lahousen-Luxenberger zu Esstörungen
Beiträge zur
Family-Talk Kleine Zeitung: Wenn Essen zum K(r)ampf wird. (Interview mit Dr. Theresa Lahousen-Luxenberger)
Das Zusammenleben mit einem Menschen der an einer Essstörung leidet stellt eine riesige Herausforderung dar. Selbst für ein Team aus professionellem Fachpersonal und erst recht für eine Familie oder alleinerziehende Eltern.
Je mehr Zeit mit den Betroffenen verbracht wird und je näher man sich steht, desto grösser ist die Belastung. Zur Belastung bedingt durch die Sorge und Hilflosigkeit kommt auch noch die Stigmatisierung, die bei allen psychiatrischen Erkrankungen mitschwingt aber bei Essstörungen noch einmal schwerer wiegt.
Wichtig ist hier auch mit weit verbreitete Mythen über Essstörungen „aufzuräumen“ wie: Die Familie (besonders die Mutter) ist verantwortlich, dass die Tochter/der Sohn eine Essstörung entwickelt Menschen mit einer Essstörung entscheiden sich bewusst dafür, die Krankheit zu haben Menschen mit einer Essstörungen wollen ihre Angehörigen bestrafen.
Das ist ein pubertäres Verhalten rebellischer Teenager, die Aufmerksamkeit erregen wollen. Es ist eine Phase aus der man herauswächst… Fest steht, dass es bei Essstörungen nicht nur um ein Problem mit dem Essen geht .
Das Problem liegt tiefer und hängt mit Identität, Emotionen, Überzeugungen und Werten zusammen.
Hinsichtlich der eigenen Körperwahrnehmung gibt es laut einer Studie von Andersen (1995) Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern.
Frauen fühlen sich oft noch mit normalem Gewicht als zu dick und beginnen eine Diät, bei Männern, die eine Diät machen liegt eher ein tatsächliches Übergewicht vor.
Frauen sind viel schneller und auch viel früher mit ihrem Körper unzufrieden als Männer (Cohane & Pope, 2001). Eine kritische Phase bildet hier die Pubertät in der sich eine wichtige physische und psychische Entwicklung abspielt. Bei Frauen steigen der Körperfettanteil und das Körpergewicht binnen kurzer Zeit an.
Bei Jungen liegt die Gewichtszunahme eher an einer Zunahme des Muskelgewebes. Beginnen Männer eine Diät, dann oft nicht mit dem primären Ziel Gewicht zu verlieren, sondern eher mit dem Ziel mehr Muskelmasse aufzubauen (Andersen, 1997). Im Vordergrund steht nicht wie bei den Frauen der absolute Gewichtsverlust oder ein Wunschgewicht, sondern ein athletischer Körperbau.
Magersucht tritt bei Mädchen häufiger auf, weil der Wert einer Frau in unserer Gesellschaft (immer noch oder wieder) stark über das Äußere definiert wird. Vor allem scheint das weibliche Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl stärker von äußerlicher Attraktivität abzuhängen als bei Jungen.
Wobei zunehmend mehr perfekt aussehende Männerkörper mit wohlgeformten Bizeps und Waschbrettbauch zieren Werbeanzeigen und Fernsehspots, so dass es auch nicht verwundert, dass immer mehr Männer eine Schlankheitsdiät unternehmen.
Die immer noch verbreitete traditionelle Frauenrolle führt dazu, dass Mädchen häufig in ihrem Autonomiestreben gehindert werden. Bei Jungen ist dies weniger der Fall.
Autonomie zu entwickeln, war Jungen schon immer mehr vergönnt, selbst in einer sehr belasteten Familie. So müssen sich Mädchen eher “heimlich” über eine Essstörung abgrenzen als Jungen, die sich direkter abgrenzen dürfen.
Und Töchter sind eher bereit, auf Entwicklung ihrer Autonomie zu verzichten.
Ein eingefahrenes Verhaltensmuster zu ändern ist ein komplexer Prozess.
Menschen sind eher bereit, sich zu ändern wenn: Es für sie wichtig ist, sich zu verändern: dh der positive Nutzen der Veränderung überwiegt die negativen Aspekte.
Sie zuversichtlich sind, dass sie sich ändern können Anders als die meisten Menschen die krank sind, erkennen Menschen die an einer Essstörung leiden, häufig nicht, dass sie ein Problem haben und lehnen Veränderungen ab.
Konflikte und Frustrationen werden verringert, wenn die Erwartungen an die Bereitschaft zur Veränderung angepasst werden.
Die Chance auf eine Veränderung wird grösser, wenn die Betroffenen die Möglichkeit haben etwas zu verändern und ermutigt werden darüber zu sprechen- auch darüber ob eine Veränderung überhaupt möglich ist.
Man muss helfen, dass die Betroffenen den eingeengten Blick und den Fokus auf Essen und Gewicht weg zu einem breiteren Gesamtbild ihrer Lebensgeschichte zu lenken.
Es ist wichtig, das Selbstwertgefühl zu stärken und funktionale Gedanken zu verstärken. Es geht darum behutsame Überzeugungsversuche zu machen, keine konfrontativen Angriffe.
Bei hohem medizinischen Risiko muss auch gegen den Willen etwas passieren. Gespräch mit Betroffenen: immer den Mensch hinter der Essstörung sehen, Liebe zusichern, Thema konkret ansprechen-ebenso wenn möglich eine konkrete Planung, nicht entmutigen lassen, nicht aufgeben. Gerade das frühes Stadium ist sehr schwierig.
Man sollte sich selber im Vorfeld informieren, wo Hilfe angeboten wird, bzw. sich selber Hilfe suchen (Selbsthilfegruppen) und immer wieder versuchen.
„Nur du alleine kannst es schaffen, aber du kannst es nicht allein schaffen“
Tabuzone Psyche: Leben mit Essstörung: Zwei Betroffene erzählen
(Kleine Zeitung mit Dr. Theresa Lahousen-Luxenberger)
Wenn jedes Gramm zählt
(Kleine Zeitung Kärnten mit Dr. Theresa Lahousen-Luxenberger)
Wo der Appell an die Vernunft nicht mehr hilft
Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung sind psychisch bedingte Essstörungen mit dramatischer gesundheitlicher Relevanz. Betroffen sind in erster Linie junge Mädchen und Frauen. Die Schaffung einer spezialisierten Einrichtung für PatientInnen mit einem BMI < 13 in der Steiermark ist dringend nötig.
T. Lahousen, D. Bayer, S. Wallner-Liebmann
Liebe Patient*innen,
wegen Übernahme des Primariats in Klagenfurt bleibt meine
Privatordination bis auf weiteres geschlossen!
Somit sind aktuell auch keine Terminbuchungen möglich.
Vielen Dank für Ihr Vertrauen und Verständnis.
Priv.-Doz. Dr. Theresa Lahousen-Luxenberger